Startups in Ostwürttemberg – das bedeutet nicht nur Aalen. Die Städte der Region kooperieren bei den Themen Gründung und Innovation traditionell sehr eng.

Aalen - „Wir würden gerne über die Gründerszene in Aalen schreiben.“ Selten ist eine Interviewanfrage so einhellig auf Widerspruch gestoßen. „Aalen steht nicht allein, sondern ist Teil der Region Ostwürttemberg“, sagt zum Beispiel Markus Schmid, Geschäftsfeldleiter Existenzgründung der IHK Ostwürttemberg. Startups in Ostwürttemberg. Gut, die IHK muss das so sehen, oder? Weit gefehlt.

 

Auch die anderen Gesprächspartner in der Region sehen das so. Ostwürttemberg ist zusammen mit der Region Karlsruhe die flächenmäßig kleinste in Baden-Württemberg. Keine Region hat weniger Einwohner. Es gibt kein eigenes Oberzentrum. Und zwischen den fünf Großen Kreisstädten Ellwangen, Aalen, Schwäbisch Gmünd, Heidenheim und Giengen liegt bis zu einer Autostunde Fahrt. Kurz: Die Region ist dem „Ländlichen Raum“ zuzuordnen.

Dennoch taucht Ostwürttemberg bei Rankings zu den zukunftsfähigsten Regionen Deutschlands immer wieder ganz vorne auf. „Einer der Gründe“, sagt Roland Wendel, Steuerberater und Beiratsvorsitzender des Pegasus Beteiligungsfonds, „ist die Fähigkeit der fünf Städte und der beiden Landkreise zur Zusammenarbeit.“ Pegasus ist in vier der fünf Städte mit einem eigenen Verein zur ehrenamtlichen Beratung und zum Mentoring von Gründern vertreten. Und das seit mehr als 20 Jahren. Gut 50 Ehrenamtliche engagieren sich bei Pegasus. Der Pegasus Beteiligungsfonds ist daraus heraus entstanden und investiert in spannende Geschäftsmodelle.

Startups in Ostwürttemberg haben nun die Marke WOW

In den letzten Jahren haben Startups in Ostwürttemberg noch einen weiteren Schub erhalten. Die Wirtschaftsförderer der einzelnen Städte und Landkreise sowie der Kammern und weiterer Beteiligter haben sich im Jahr 2017 zusammengeschlossen zur Startup Region Ostwürttemberg, kurz Startup WOW. Das WOW steht für die Wirtschaftsregion Ostwürttemberg.

Damit steht ein zentraler Ansprechpartner für Gründer bereit, der den Kontakt zu regional engagierten Unternehmen wie Zeiss, Mapal, Voith, Bosch oder Hartmann, zu Pegasus, den lokalen Gründerzentren oder mittelständischen Unternehmen herstellt. Diese Zusammenarbeit funktioniert offenbar sehr gut.

Eine Messe für Macher kommt in die Region

So erzählt Alexander Groll, Wirtschaftsförderer von Schwäbisch Gmünd, begeistert nicht nur vom neuen Gründerzentrum In:it Co-Working Lab in Gmünd, sondern eben auch vom INNO-Z. Und Wolfgang Weiß, Wirtschaftsförderer von Aalen, verweist auf die Messe Make Ostwürttemberg, die in Anlehnung an die – 2018 nicht stattfindende Messe Make Munich – im Herbst zum ersten Mal in die Region kommt. Allerdings nicht in Aalen, sondern unter der Regie des Wirtschaftsbeauftragten von Heidenheim, Georg Würffel.

Dies ist eine Messe, wo es um Angebote geht, Dinge selber zu machen und nicht zu konsumieren. „In Zukunft“, sagt Würffel, „soll die Make Ostwürttemberg im wechselnden Turnus in den Städten der Region stattfinden.“

Ein Innovationszentrum in Aalen

Die Gründungsdynamik habe durch eine enge Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure sowie durch Förderung etwa dank des INNO-Z sehr deutlich zugenommen, sagt Andreas Ehrhardt. Auch Christian Kling, an der Hochschule Aalen mit dem Projekt StAArt-UP!de für Gründungen zuständig, sieht viel Dynamik: „Als Gründungsinitiative sind wir nicht nur der erste Ansprechpartner für Studierende für die Themen unternehmerisches Denken und Handeln sondern arbeiten intensiv mit den regionalen Akteuren der Gründungsförderung zusammen“.

Entsprechend ist das INNO-Z in Aalen schon ziemlich voll. Auf 1400 Quadratmeter Nutzfläche sind aktuell über 50 Gründungsprojekte mit unterschiedlichsten Geschäftsideen und in den verschiedenen Entwicklungsstadien. Alleine 38 davon befinden sich im Gemeinschaftsbüro für gründungsinteressierte Studierende der Hochschule Aalen. Das Team von Mammut 3D aus Katja Schlichting, Michael Heel und Dennis Herrmann beispielsweise ist so ein aus der Hochschule stammendes Gründungsprojekt.

Sie entwickeln einen neuen Druckkopf für 3D-Druck, der in bestehende Fertigungsmaschinen integriert werden kann. „Der erste Prototyp ist bald fertig“, sagt Schlichting und bremst gleich im nächsten Schritt: „Aber allzu viel erzählen können wir noch nicht, wir sind erst dabei, Förderung und Patent zu beantragen.“

CellGarden baut vollautomatische Minigewächshäuser

Da sind die Gründer von CellGarden, Marina Zeisler, Josef Teips und Alexander Lier, schon deutlich weiter. Teips und Lier haben sich beim Praktikum bei Bosch kennengelernt und schnell die Idee eines smarten „Brutkastens“, also eines vollautomatischen Minigewächshauses für Sprossen und andere gesunde Nahrung entwickelt. Spätestens im kommenden Jahr soll Cell One auf den Markt kommen. Der Prototyp entspricht von der Größe her etwa einer Kaffeemaschine. Auf drei Ebenen können gleichzeitig Kresse wachsen, Sprossen keimen und Hülsenfrüchte quellen. Aktuell wird das Produkt noch zur Serienreife weiterentwickelt. Mehr als 200 Vorbestellungen liegen bereits vor.

„Wir wollen“, sagt Lier, „Menschen nicht nur gesunde Alternativen zum Essen bieten, sondern diese vor allem auch einfach und jeden Tag verfügbar machen.“ Ein Kochbuch haben die drei auch geschrieben, das Buch „Superfood Assistant“, in dem sie nicht nur das „Gärtnern sondern auch viele lecker aussehende Rezepte vorstellen. Es gibt sie, die spannenden Gründungen in Ostwürttemberg. Die Voraussetzungen sind gut, dass das sie bald noch viel mehr werden.

Gastautor Moritz Meidert

Meidert ist „Kapitän“ des bundesweit tätigen Gründerservice-Unternehmens Gründerschiff mit Sitz in Konstanz. Nach dem Studium in Konstanz und Friedrichshafen hat er nach einer gescheiterten Unternehmensgründung, mehreren weiteren Gründungen sowie Erfahrungen als Gründungsberater 2014 das Gründerschiff gestartet.

Das Gründerschiff begleitet mit regionalen Gründerschiff-Lotsen neben Unternehmensgründern auch kleine und mittlere Unternehmen bei Innovationsprojekten sowie Vorhaben, die den Gründergeist der Mitarbeiter fördern sollen. Außerdem kooperiert man mit Hochschulen, Kommunen und Landkreisen.

Ziel ist es, Angebote für Gründer im Land besser zu verbreiten. Das Gründerschiff macht nach eigenen Angaben mehr als 8000 Angebote im Jahr für Gründer und deckt Regionen abseits der Metropolen ab. Im Rahmen des Wettbewerbs „Gründerfreundliche Kommune“ hat Meidert Geschäftsbeziehungen zu einigen genannten Akteuren.