Edith Wolf und die Vector-Stiftung aus Stuttgart sind engagierte Förderer für Forschung in den Mint-Fächern, aber auch für soziale Projekte. Hauptsache, das Konzept überzeugt.

Stuttgart - Wenn Edith Wolf mittags in die Kantine der Stuttgarter Software-Firma Vector geht, grüßt sie links und rechts – und lässt ihre Tischnachbarn auch einmal kurz allein, um mit einem anderen Kollegen schnell etwas zu besprechen. Kontakte zu pflegen, ist ihr wichtig – sei es privat, beruflich oder in Initiativen wie dem Managerinnen-Netzwerk „Generation CEO“.

 

Seit 2016 leitet Wolf die gemeinnützige Vector-Stiftung, deren Fördermittel sich aus der Dividende des Unternehmens speisen. Für die 46-Jährige ist das Motivation und Verpflichtung zugleich. „Für mich ist es wichtig, dass die Mitarbeiter stolz auf ihre Stiftung sind“, sagt sie.

Auch sozial Benachteiligte im Blick

2011 wurde die Vector-Stiftung von den drei Firmengründern ins Leben gerufen. Gefördert werden wissenschaftliche Forschungsarbeiten in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (Mint), aber auch Projekte im Bereich Bildung und Soziales. So setzt sich die Vector-Stiftung besonders für wohnungslose Menschen und chancenarme junge Erwachsene ein. „Für Sozialhilfeempfänger ist es in Stuttgart nahezu unmöglich, eine Wohnung zu finden“, sagt Wolf.

Bei ihren Projektbesuchen kommt die gebürtige Österreicherin und passionierte Skifahrerin mit den unterschiedlichsten Menschen in Berührung. Vom schulischen Überflieger bis zum Drogenabhängigen, von der alleinerziehenden Mutter bis zum erfolgreichen Unternehmer ist alles dabei. Doch auch wenn die Vector-Stiftung schon einiges bewirkt hat: „Acht Millionen Euro sind nicht genug, um unsere gesellschaftlichen Probleme zu lösen“, sagt sie.

Edith Wolf und die Vector-Stiftung setzen auf Kooperationen

Deshalb setzt Wolf, die ihre Karriere 1997 in der Einkaufsabteilung der früheren Daimler-Benz-Tochter Debis begann, dann durch einen Unternehmensverkauf zur Telekom-Tochter T-Systems stieß und 2009 zur Robert-Bosch-Stiftung wechselte, auf Kooperationen. Seit Mitte 2017 engagiert sie sich als Vorstandsmitglied im Stiftungsnetzwerk Region Stuttgart und versucht dort, die Zusammenarbeit der rund 130 angeschlossenen Stiftungen zu verbessern. Zusammen mit den Mitstreitern wollen Edith Wolf und die Vector-Stiftung unter anderem eine Datenbasis aktuell geförderter Projekte schaffen.

„Es geht nicht nur ums Vernetzen, sondern auch darum, sich konkrete Ziele zu setzen und diese zu erreichen“, sagt Wolf. Den Anspruch stellen Edith Wolf und die Vector-Stiftung auch an all diejenigen, die sich um Fördermittel bewerben. Wer von Wolf Geld für gute Ideen bekommen möchte, muss nicht nur ein Problem benennen. Er sollte auch wissen, wer sich auf dem Gebiet bereits engagiert, ob eine Zusammenarbeit möglich wäre und warum der eigene Ansatz der bessere ist.

Bei der Projektauswahl zählt Teamarbeit

Bei der Auswahl der Projekte setzt die Leiterin der Vector-Stiftung auf Teamarbeit. Mitentscheiden dürfen die drei Stiftungsgründer ebenso wie die fünf Mitarbeiter der Stiftung. „Sobald es ums Geld geht, beschließen wir alles immer einstimmig“, so Wolf. In der Konsequenz müssten dann alle an einem Strang ziehen, auch wenn ein Projekt einmal schlecht laufe. Und wenn sich herausstelle, dass das Ziel verfehlt werde, müsse das Vorhaben abgebrochen werden. Darin unterscheide sich der Stiftungsbereich nicht von der freien Wirtschaft.

Ihr eigenes Lieblingsprojekt ist das Anfang 2017 gegründete Social Impact Lab in Stuttgart. Die Menschen, die sich dort auf eine Unternehmensgründung vorbereiten, wollen möglichst viel Gutes für die Gesellschaft bewirken. Neben der Vector-Stiftung fördern die Karl-Schlecht-Stiftung und die Caritas das Lab. „Die Teilnehmer haben einen sehr ambitionierten Ansatz“, so Wolf. Die zweifache Mutter weiß ziemlich gut, was es heißt, sich beruflich zu engagieren. Karriere und Familie bringt sie dank eines privaten Netzwerks aus Kinderfrau, Familie, Freunden und Bekannten unter einen Hut.

Nachgehakt: Edith Wolf und die Vector-Stiftung – das Rezept

Was macht einen guten Chef aus?

Er muss zuhören, muss versuchen ausgleichend zu arbeiten und er muss zwischen verschiedenen Positionen abwägen können.

Und welche Eigenschaften davon haben Sie?

Gepaart mit einer gewissen Form von Weiblichkeit und Leichtigkeit führe ich meiner Meinung nach genauso.

Wie kommt man so weit wie Sie?

Ich habe immer gerne gearbeitet. Ich bin im Konzern groß geworden, was schon eine maskuline und durchaus harte Schule ist. Ich habe das aber immer sportlich genommen. Fleißig sein hilft, die extra Meile gehen hilft und Dinge aushalten gehört auch dazu.

Welche Rolle spielte Glück bei Ihrer Karriere?

Ja, Glück gehört unbedingt zu einer Karriere. Glück ist ein wesentlicher Faktor, damit sich Türen öffnen.

Haben Sie Vorbilder?

Ja, zu Anfang war es Madeleine Albright, die frühere US-Außenministerin. Jetzt ist es Sheryl Sandberg, Geschäftsführerin von Facebook und die 180 Frauen des Netzwerks Generation CEO.

Was ist typisch für ihren Arbeitsalltag?

Wir diskutieren fast täglich im Team darüber, wie und wo können wir investieren, damit sich die MINT-Bildung in Baden-Württemberg verbessert. Anstrengungen auf diesem Gebiet sind weiterhin nötig. Und was mich persönlich sehr beschäftigt ist, dass trotz positiver Wirtschaftsentwicklung und sinkender Arbeitslosigkeit über 16 Mio. Menschen (20 Prozent der Bevölkerung) in Deutschland von Armut bedroht sind. Da müssen wir was tun.

Was würden Sie heute anders machen?

Ich war früher gerne mal einen Ticken zu ernst und verkrampft, wenn die Dinge nicht gut liefen. Ich hätte mir schon viel früher diese Leichtigkeit aneignen sollen, damit Spaß und Freude an erster Stelle bleiben. Man muss Dinge einfach mal weglächeln.

Von wem können Sie am ehesten Kritik einstecken?

Vom Team, dem Stiftungsrat, unseren Partnern und von der Familie. Am härtesten ist eh das Feedback der Kinder. Kritik zu bekommen ist etwas sehr wertvolles, dann kann man was verändern. Viel Schlimmer ist es, wenn man keine Kritik bekommt.

Womit können Kollegen Sie nerven?

Wenn etwas extrem lange dauert.

Und umgekehrt?

Vielleicht mit zu viel Österreich-Patriotismus.

Was raten Sie Berufsanfängern?

Wichtig ist, sich nicht zu verkämpfen sondern offen durchs Leben gehen. Fleißig sein, reinhängen, die extra Meile gehen.

Was macht Sie leistungsfähig?

Regelmäßig Skifahren mit der Familie, am liebsten Tiefschnee auf der Albona. Eine gute Infrastruktur zu Hause, damit die Kinder in der Schule und wir Eltern im Beruf eine gute Leistung erbringen können.