Ulli Spankowski entwickelt Finanz-Applikationen, mit deren Hilfe Forschungsergebnisse nutzbar gemacht werden. Sein Startup Sowa Labs ist nun das Rückgrat der Digitalstrategie an der Stuttgarter Börse.

Stuttgart - Nein, große, langfristige Ziele hat er sich nie gesetzt. „Ich lasse mich von Menschen und Themen inspirieren, die ich spannend finde“, sagt Ulli Spankowski, der mit seinen 36 Jahren schon reichlich Erfahrung auf dem Buckel hat. Das, was den gebürtigen Ulmer dabei antreibt, ist stets die Neugierde auf neue Herausforderungen, die er interessant genug findet, um sich damit zu beschäftigen.

 

Im Alter von 14 Jahren war dies der Aktienmarkt, just in der Zeit, als die Anteilsscheine der Deutschen Telekom als Volksaktie en vogue waren. Sein Vater ermöglichte ihm damals Mitte der 1990er Jahre die Einrichtung eines Wertpapierdepots. Und so beschäftigte sich Spankowski bereits als Teenager mit einem Feld, das später noch eine große Bedeutung in seinem Berufsleben erlangen sollte. Damit war er, der aus einer Ingenieurfamilie stammt, der Erste in der Familie, der ein gesteigertes Interesse für die Finanzwirtschaft an den Tag legte. Doch als dann der Neue Markt zusammenbrach, schmolz auch Spankowskis Depotwert drastisch zusammen, bis er schließlich die Lust an der Sache verlor.

Ulli Spankowski entdeckte das Thema Finanzen erst spät

1999 zog es den 1,98 Meter großen Hobby-Basketballer zum Schüleraustausch in die USA, wo er auch Dirk Nowitzki nach einem Spiel der Dallas Mavericks sprechen konnte. Das Treffen war dem lokalen TV-Sender gar einen eigenen Beitrag wert. „Dirk’s got visit from Germany“, hieß es damals in der Sendung. Nach Abitur und Zivildienst entschied sich Spankowski für das Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Uni in Ulm, das ihm aufgrund seiner quantitativen Ausrichtung mit Mathe und Informatik zwar sehr entgegenkam, aber irgendwann will einer wie Spankowski, der stets auf der Suche nach etwas Neuem ist, auch mal weg. Also verschlug es ihn an die Uni Hohenheim, wo er sich zunächst dem Studium der internationalen Wirtschaft gewidmet hat. Zwischendurch schob er ein Studienjahr in Valencia ein, weil man, so ist Spankowski überzeugt, gute Ideen auch dann bekomme, wenn man möglichst viel gesehen habe. „Man muss eben auch wissen, wie die Dinge anderswo laufen“, sagt er.

So kam es, dass Spankowski erst am Ende seines Studiums im Jahr 2008 seine Leidenschaft für Finance und Banking wiederentdeckt hatte. Damit schloss sich nicht nur ein Kreis zu seiner frühen Leidenschaft für die Börse. Spankowski wurde auch von dem Hohenheimer Professor Hans-Peter Burghof damit betraut, eine eigene Vorlesung für Investmentbanking zu konzipieren. Gleichzeitig gab es den ersten Kontakt zu Stuttgart Financial, der bei der Börse Stuttgart angesiedelten Finanzplatz-initiative, die gerade von ihrem ersten Leiter Dirk Sturz aufgebaut wurde. „Und plötzlich ging alles ganz schnell“, erinnert sich Spankowski. Mit einem Mal sah er sich einer Mehrfachbelastung ausgesetzt, in deren Rahmen er Seminare an der Uni betreuen musste, Stuttgart Financial als sein erstes Start-up mit aufbauen half und darüber hinaus noch seine Promotion anging. „Eine anstrengende, aber eben auch superspannende Zeit“, sagt er.

Forschung zum Thema Künstliche Intelligenz

Über den Lehrstuhl in Hohenheim stieß Ulli Spankowski 2009 obendrein zu einem durch das FIRST-Programm der EU-Kommission geförderten Forschungsprojekt, das sich mit künstlicher Intelligenz befasste. Zusammen mit einem engagierten Team des Josef-Stefan-Instituts in Ljubljana gingen die Hohenheim der Frage nach, inwieweit man automatisiert aus sozialen Medien relevante Informationen für Entscheidungen zur Kapitalanlage herausfiltern könne. Als das Forschungsprojekt 2013 auslief und von Brüssel mit einem „Excellent“ bewertet wurde, engagierte die EU-Kommission Spankowski prompt auch noch als Gutachter für Big Data und Fintechs.

Ihre Forschungsergebnisse über künstliche Intelligenz aber schienen den Beteiligten des FIRST-Projekts zu vielversprechend, als dass sie sie zu den Akten legen wollten. Also beschlossen die Partner aus Slowenien und Deutschland, darunter Spankowski und Sturz, eine eigene Firma ins Leben zu rufen, die Applikationen entwickeln sollte, mit deren Hilfe die Forschungsergebnisse nutzbar gemacht werden sollten. Dies war 2013 die Geburtsstunde der Sowa Labs GmbH mit Sitz in Ulm, deren Geschäftsführung Spankowski und ein slowenischer Kollege übernahmen.

Immer wieder bereit, Neues zu wagen

„Ulli Spankowski hat hierbei einmal mehr bewiesen, dass er immer wieder bereit ist, Neues zu wagen und dabei auch Risiken einzugehen“, sagt dazu sein Doktorvater Professor Burghof. Und das Risiko sollte sich auszahlen. Rasch konnte Sowa Labs namhafte Banken und Versicherungen als Kunden gewinnen, für die Projekte zur künstlichen Intelligenz umgesetzt wurden. Wohlgemerkt erledigten die Beteiligten diese Aufgabe nebenher, denn sowohl Spankowski als auch Sturz arbeiteten in dieser Zeit hauptberuflich für Stuttgart Financial. Als Sowa Labs schließlich Erträge abzuwerfen begann, standen die beiden irgendwann mal vor der Frage, ob sie, wie die slowenischen Kollegen in der Zwischenzeit auch, Vollzeit bei Sowa Labs einsteigen sollten. Und tatsächlich begannen sie 2016 mit der Suche nach Investoren.

Da geschah es, dass im Januar 2017 mit Alexander Höptner jemand in der Geschäftsführung der Börse Stuttgart die Verantwortung für die IT übernahm, der, wie Spankowski fand, ähnlich wie er tickte. „Es gibt Menschen, bei denen ich das Gefühl habe, mit ihnen etwas bewegen zu können“, erklärt Spankowski. Und Höptner ist so einer. Von einem erfahrenen Kollegen wie ihm schaue er, Spankowski, sich gerne etwas ab. Vorbilder im eigentlichen Sinne habe er aber keine.

Sowa Labs ist nun das Herz der Digitalstrategie der Börse

Zusammen entwickelten Höptner und Spankowski schließlich federführend die Digitalstrategie der Börse, deren Herzstück die Sowa Lab sein sollte. Also kam es nach einem aufwendigen Due-Diligence-Prozess dazu, dass die Börse das Start-up im November 2017 für einen siebenstelligen Betrag übernahm. Spankowski blieb Geschäftsführer und hat mittlerweile 25 Mitarbeiter in seinem Team. Zusammen arbeiten sie mit Hochdruck an der kurz bevorstehenden Markteinführung der App „Bison“, die Kryptowährungen über das eigene Smartphone gebührenfrei, unkompliziert und sicher handelbar machen soll.

Dass Spankowski das Projekt erfolgreich meistern wird, daran hat einer seiner früheren Mentoren, Börsen-Aufsichtsratsmitglied Thomas Munz, keine Zweifel. „Spankowski hat es stets verstanden, Themen zielstrebig umzusetzen und dabei ungeduldig zu bleiben. Damit vereint er die wichtigsten Eigenschaften für erfolgreiches unternehmerisches Handeln“, so Munz. Wie man den verheirateten Vater von zwei Kindern ohnehin nicht unterschätzen sollte.

Gründertipps von Ulli Spankowski

An welchem Ort kommen Ihnen die besten Ideen?

Meistens wenn ich alleine im Auto fahre und mir langweilig ist.

Wie wappnet man sich gegen den Schock, wenn die tolle Idee mit der bitteren Realität konfrontiert wird?

Wenn die Idee in der Realität nicht läuft, dann kann sie nicht so gut gewesen sein. Also noch mal neu hinsetzen und überlegen! Geschockt war ich aber eigentlich nie. Wenn man einfach weitermacht, vergisst man auch schnell, dass es im ersten Anlauf nicht gut gelaufen ist.

Aus welchem Scheitern haben Sie das meiste gelernt?

Da gibt es kein spezielles „Mal“. Jedes Mal, wenn es nicht klappt, nimmt man etwas für sich mit – selbst wenn es so ist, dass man es genauso wieder machen würde. Manchmal spielen auch Glück und Zufall eine entscheidende Rolle. Am Ende ist entscheidend, dass man es positiv nimmt.

Was ist der größte Irrtum, wenn es darum geht, kreativ sein zu wollen?

Die Kreativität geplant anzugehen. Entweder es läuft einfach und man ist kreativ oder halt nicht. Wenn nicht, sollte man eher mit Freunden ein Bierchen trinken gehen oder mit seiner Familie Spaß haben. Aber geplant kreativ zu sein, konnte ich, zumindest für mich gesprochen, immer abhaken.

Wann haben Sie selbst mal zu jemandem „Das geht nicht!“ gesagt?

Das sage ich eigentlich recht häufig, meistens noch mit einem „Nein, nein“ verbunden . . . ich habe zwei kleine Kinder!

Welcher Erfinder der Geschichte wären Sie gern gewesen?

Irgendwie fasziniert mich das Fliegen. Also vielleicht einer der Wright-Brüder. Lieber der, der länger gelebt hat, obgleich der wohl nicht so schlau war wie der andere – na ja, man kann nicht alles haben.