Die Veranstaltungsreihe TEDx Stuttgart verbindet Themen der Wirtschaft mit Entertainment, Technologie und gesellschaftlichen Fragestellungen – das passt zum Trend, Unternehmertum mit Verantwortung zu verknüpfen.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Über die Grenzen hinausdenken – das gilt heute als Schlüssel für die wirtschaftliche Entwicklung. Auch in Stuttgart gibt es immer mehr Veranstaltungen, die den Anspruch haben, Unternehmer und andere Macher jenseits des Alltagsgeschäfts zu inspirieren. Die schon vor dem Internet-Hype in den achtziger und neunziger Jahren aus einem Event in Kalifornien hervorgegangene Veranstaltungsreihe namens TEDx will die Messlatte hier etwas höher legen, als nur das dutzendste Innovationsevent zu etablieren. Bisher haben weltweit mehr als zehntausend Veranstaltungen in 2500 Städten stattgefunden – im Herbst auch wieder in Stuttgart.

 

Bei TEDx Stuttgart folgen Vorträge strengen Regeln

„Ideen, die es wert sind, dass sie sich ausbreiten“ – so einfach, aber gleichzeitig offen ist das Motto der Veranstaltungsreihe. Man sucht „jene, die verrückt genug sind, zu glauben, die Welt verändern zu können und jetzt bereits daran glauben.“ Doch das Format ist streng: Die maximal 18 Minuten langen Vorträge sollen ohne Manuskript gehalten werden. Jeder Redner, der eingeladen wird, bekommt vorher so lange ein Training bis die Präsentation sitzt. Strenge Regel Nummer zwei: Keine Unterbrechungen, keine Publikumsfragen. Alle Vorträge muss man in den dreieinhalb Stunden am Stück absitzen. „Die volle Dröhnung gehört dazu“, sagt Mitveranstalter Dirk Haun. Für den Austausch gibt es dazwischen eine einstündige Pause. Dennoch sind die 400 bis 500 Tickets meist binnen Tagen ausverkauft.

Immerhin 49 Euro Eintritt, für Studenten 29, muss das einem Zuschauer wert sein. Die Einnahmen decken allein die Kosten, Honorare werden keine gezahlt. Alles ist ehrenamtlich. Bemerkenswert: Zehn der fünfzehn Organisatoren in Stuttgart sind Frauen. Ziel ist es, inspirierenden Persönlichkeiten eine Plattform zu bieten, die noch nicht so in der ersten Reihe stehen. Wer den Namen TEDx nutzen will, braucht eine (kostenfreie) Lizenz. Die Reihe ist politisch-ideologisch neutral und mit keinem Unternehmen verbunden. Querdenken steht im Mittelpunkt, der Kessel Buntes ist Programm. Auch vor wolkigen Überschriften hat man keine Scheu. So heißt der Titel der nächsten Stuttgarter Veranstaltung übersetzt ganz schlicht: „Lass ein kleines Licht leuchten.“

„Wir verbinden Wirtschaft mit Entertainment, Technologie und Design“, sagt Verena Smykalla aus dem Organisationsteam von TEDx Stuttgart. Emotionen und die menschliche Dimension gehören dazu: Jeder Redner soll auch eine persönliche Geschichte erzählen.

Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Gesellschaft wird wichtiger

Insbesondere auch Teilnehmer aus der Wirtschaft, die sich für die Schnittstelle von Technologie, Gesellschaft und Ökologie interessieren, sind eine Zielgruppe. Dass man sich in der Wirtschaft für diese Fragen öffnet, liegt im Trend. Der aktuelle Gründungsmonitor der Förderbank KfW hat festgestellt, dass inzwischen etwa einer von zehn Jungunternehmern in Deutschland sich als „Social Entrepreneur“ versteht. Dieser Begriff ist weiter gefasst als der deutsche Begriff Sozialunternehmer und umfasst alle Unternehmen, die soziale, ethischen und ökologische Ziele verfolgen.

Inzwischen, so schätzt die KfW gibt es unter den weniger als fünf Jahre alten Firmen in Deutschland mehr als 150 000, die man hier dazurechnen kann. Allein in Stuttgart sind in den vergangenen Jahren mehrere Initiativen entstanden, die Gründungen in diesem Bereich unterstützen.

Relevante Themen aus der Region

Beim aktuellen Event von TEDx Stuttgart im September präsentiert sich beispielsweise das Stuttgarter Startup Raupe Immersatt, das in seinem Café Lebensmittel verwendet, die sonst weggeworfen würden. In weiteren Vorträgen geht es um Batterien aus nachwachsenden Rohstoffen oder um die Frage, wie sich Brachflächen in der Stadt temporär nutzen lassen. Ethisch-philosophisch wird es dann bei Themen wie Transsexualität oder dem Tabuthema Tod. Wirtschaft ist immer nur ein Teilaspekt.

Schon im vergangenen Jahr waren Innovationstrends in der Region ein Thema. Beim autonomen Fahren und der Robotik präsentierten sich Experten, die gleichzeitig Künstler oder Designer sind. Die Roboter-Forscherin Maria Yablonina vom Institut für Computerdesign und Konstruktion der Uni Stuttgart, vertrat beispielsweise die These, dass Roboter in der Produktion völlig individuell werden und nicht mehr von der Stange kommen. Alle Vorträge werden später per Video im Internet zugänglich gemacht. Aktueller Rekordhalter bei den Klicks auf die Videos aus Stuttgart: Der Vortrag des Geschäftsführer eines Elektrogeräte-Konstrukteurs, der erklärte, was der perfekte Chef mit einem guten Sporttrainer gemeinsam hat.

Veranstaltung im September

Unter dem Titel „Shine a Little Light“ („Lass ein kleines Licht leuchten“) findet am 14. September im Haus der Wirtschaft in Stuttgart eine neue Vortragsreihe statt. Themen sind unter anderem das Ende der Lebensmittelverschwendung, eine neue Entwicklungspolitik, innovative Batterien oder Transsexualität und Privatsphäre. Die Anmeldung ist ab 14. Juli unter dem dann freigeschalteten Link möglich, Tickets sind erfahrungsgemäß schnell ausverkauft. Der Eintritt kostet 49 Euro, für Studenten 29.