Startup-Förderung an der Uni Ulm hat inzwischen Tradition. Die Hochschule ist hier für Baden-Württemberg ein gutes Beispiel.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Ulm - Die Wissenschaftsstadt ist, neben dem Münster, längst zu einem Markenzeichen der Stadt Ulm geworden. Mit dem Begriff Wissenschaftsstadt wird die enge Verzahnung von Forschung, Entwicklung und Anwendung neuer Produkte in Industrie- und Dienstleistungsunternehmen bezeichnet. Das kann man schon von Weitem auch sehen. Auf dem Ulmer Eselsberg wächst um den Campus herum kontinuierlich die Zahl von Firmengebäuden, Kliniken oder Instituten, genannt Science-Park. Die räumliche Nähe ist gewollt. In den vielen jungen Unternehmen sammeln Studenten und Doktoranden von nebenan Erfahrungen und Erkenntnisse. Aus ihnen werden später immer wieder selber Firmenchefs.

 

Die Startup-Förderung an der Uni Ulm hat der Alt-Präsident der Hochschule, Karl Joachim Ebeling, von Haus aus Physiker, immer gewollt, und so hat er das auch selber vorgelebt. Um die Jahrtausendwende war Ebeling Doktorvater von Martin Grabherr, Roland Jäger, Roger Kind und Dieter Wiedenmann. Im Reinraum unter dem Mikroelektronik-Technikum der Universität entwickelte die Gruppe die Idee, ihre selber entwickelten, vertikal emittierende Laserdioden für die optische Datenübertragung auch für die Massenproduktion tauglich zu machen. Sie gründeten die Firma U-L-M Photonics GmbH, die später, 2006, zur Firma Phillips Photonics wurde.

Für vertikale Laserdioden, die elektrischen Strom in hocheffizientes Licht umwandeln, interessierte sich bald Microsoft. Die Technik wurde für kabellose Computermäuse geordert. Inzwischen finden die Dioden auch in Smartphones oder in der 3D-Fotografie Anwendung.

Startup-Förderung an der Uni Ulm braucht räumliche Nähe

Die Politik sieht solche Parade-Ausgründungen mit Wohlgefallen. Für den Ulmer SPD-Landtagsabgeordneten Martin Rivoir, der die Förderung der Universität seit Jahren auf seinem politischen Programmzettel hat, ist die räumliche Nähe zwischen der Uni und der benachbarten Hochschule für angewandte Wissenschaft sowie den Jungfirmen der Schlüssel zum Erfolg. Es reiche nämlich nicht, sagt er, die Idee junger Firmengründer bloß gut zu finden. Man müsse ihnen auch Flächen zur Ansiedlung bieten können.

Und Geld. U-L-M Photonics hat seinerzeit durch eine Finanzspritze der Firma Schott durchstarten können, dazu kamen Gelder von der Universität sowie aus dem Existenzgründungsprogramm „Junge Innovationen“ des Landes Baden-Württemberg. „Geld spielt immer eine Rolle“, sagt Rivoir, und es sei Aufgabe jeder Landesregierung, konkret zu helfen, möglichst mit einem „noch stärkeren Engagement für Wagniskapital“. Für Rivoir heißt das, den Erfolgsdruck gegenüber Gründern nicht zu stark werden zu lassen. „Die Idee kann gut gehen, und sie kann auch mal schiefgehen.“

Industrie- und Handelskammer sowie die Uni in einem Gremium

Wissenschaftler und Politiker sind wiederum nicht allein an der Schnittstelle von der Idee zum Startup. In einer bereits 1998 aus der Taufe gehobenen Gesellschaft für Existenzgründungen sitzen Vertreter von Uni und Hochschule sowie der Industrie- und Handelskammer. Dort wird sehr genau geguckt, wo es sich lohnen könnte, die Kräfte der Unterstützer zu bündeln. Wer sich zum Beispiel als Programmierer selbstständig machen möchte, ist bei den den Kammern besser aufgehoben. Die Universität interessieren Ideen, die dem Wirtschaftsleben wirklich etwas Neues geben können.

Ein weiteres Beispiel, für die Startup-Förderung an der Uni Ulm, ist die 1997 gegründete Firma WITec GmbH, eine Abkürzung für Wissenschaftliche Instrumente und Technologie. Das Unternehmen entwickelt nano-analytische Mikroskopsysteme. Die InMach GmbH, 2003 gegründet, ist noch so eine Erfolgsgeschichte. Die Firma entwickelt intelligente Steuerungssysteme für Serviceroboter. Oder die „immersight GmbH“: Seit 2013 entwickeln deren Gründer und Mitarbeiter Techniken für virtuelle Ausstellungen mit dem Schwerpunkt Badezimmer. Das Ursprungsprodukt, eine Raumbrille, wurde dafür weiterentwickelt.

Daimler hat allerdings seinen Forschungsstandort Ulm geschlossen

Nicht alle Wagemutigen, die von der Uni aus mit eigener Firma ins Wirtschaftsleben starten, sind so erfolgreich. Doch die Universitätsleitung will nicht nachlassen, das unternehmerische Denken noch stärker als bisher in die früheren Semesterjahre ihrer Studenten einzubringen. Gerade der Standort Ulm erlebt aktuell, dass es kein geradliniges Wachstum gibt und wenige Gewissheiten in Bezug auf die Zukunft.

Ende dieses Jahres wird der Nukleus der Wissenschaftsstadt, das Daimler-Forschungszentrum, geschlossen werden. Nach dem Willen der Auto-Konzernspitze sollen die 250 Forscher dort auf die Standorte Untertürkheim, Sindelfingen und Immendingen (Kreis Tuttlingen) verteilt werden. Die Wissenschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) teilte Martin Rivoir auf dessen besorgte Anfrage mit, der Ulmer Standort sei stark genug, auch ohne Daimler eine wichtige und gute Rolle zu spielen.