Ideenwerk-BW Schwerpunkt „Grüne Startups“ (2): Eine “anspruchsvolle Unternehmung“ nennt Matthias Krieg die Gründung ihres der Ökologie verpflichteten Unternehmens Matteco. Das mehrfach preisgekrönte Startup betreibt Reifen-Recycling.

Stuttgart - Krieg und sein einstiger Studienkollege Frank Fuhrer wechselten vor knapp drei Jahren als Endvierziger vom Angestelltendasein in die Selbständigkeit. Ihr Werkstoff ist Gummi, und zwar zerkleinertes, wiederaufbereitetes Reifenmaterial. Im März 2015 trugen sie die ‚matteco GmbH‘ ins Handelsregister ein. Gründliche Recherchen waren vorausgegangen, ob ihr Startup mit dem recycelten Material als Basis erfolgversprechend sein kann. Der Begriff Matteco für Matten und Ökologie ist eine Kurzbeschreibung des Geschäftsmodells der beiden Badener.

 

Der Dritte im Bunde bei Matteco ist Bernd Krieg, Bruder von Matthias. Er ist für das Kaufmännische zuständig und schon seit längerer Zeit selbständig. Im Hauptberuf ist er Interimsmanager. „Ja, das ist eine spannende Branche, das Konzept sehr zukunftsträchtig“, so lautete die Diagnose des Finanzexperten. Damit war der Startschuss zur Gründung endgültig gefallen.

Die Gründer sind Experten im Industrieanlagenbau

Die beiden Maschinenbauingenieure decken den technischen Part ihres Unternehmens ab. „Wir kommen ursprünglich aus dem Industrieanlagenbau“, berichtet Krieg. Fuhrer wechselte irgendwann zu einem Mittelständler. „Dort war ich für den Vertrieb und die Entwicklung von Altreifen-Recyclinganlagen verantwortlich. Es galt, den Kunden Lösungen oder Visionen aufzuzeigen, was sie mit dem zerkleinerten Gummimehl machen können.“ Verwerten bedeute in Deutschland leider noch zu oft Verbrennen.

„Bei meinen Recherchen und Analysen bin ich auf ein Verfahren gestoßen, von dem ich überzeugt war, dass sich damit richtig hochwertige Produkte herstellen lassen“, sagt Fuhrer. Genau das ist die Mission der beiden Ingenieure mit ihrem Startup Matteco und verrät ihren technologisch hohen Anspruch.

Reifen-Recycling ist ein brennendes Problem

Wenn man bedenkt, dass weltweit jährlich rund 17 Milliarden Tonnen Altreifen anfallen und in Deutschland als einem der führenden Industrieländer nur etwa 40 Prozent der Altreifen stofflich verwertet werden, wird die Leistung von Matteco besonders deutlich: „Unsere Gummiprodukte können nicht nur viel mehr als was bisher in der Altreifenaufbereitung als möglich erachtet wurde. Sie können nach ihrem Lebenszyklus zu hundert Prozent wiederverwertet werden.“

Das Stichwort heißt Kreislaufwirtschaft, das Prinzip Up-Cycling, recyceltes Gummi statt hochwertigem und auch teurem Kautschuk. „Wir fühlen uns der Umwelt verpflichtet, wollen unser technisches Knowhow dazu nutzen, einen Beitrag zu ressourcenschonender Produktion hochwertiger Produkte zu leisten“, sagt Krieg.

Ausgangsstoff ist bereits zerkleinertes Gummimehl

Das Reifenmaterial lassen sie als bereits zerkleinertes Gummimehl liefern. Und so funktioniert der Kreislauf: Aus dem angelieferten Material machen sie Up-Cycling, also höherwertige Produkte. Diese Produkte können am Ende ihrer Lebensdauer ohne erneute Zugabe von Rohstoffen wieder zu einem Neuprodukt gleicher Qualität verarbeitet werden.

„Up-Cycling im geschlossenen Kreislauf ist unser Ziel“, sagt Krieg. Sie haben das Glück, dass ihr Thema Reifen-Recycling gerade auch politisch hohe Aufmerksamkeit erfährt.

Ausschließlich HighTech-Produkte

Mit Fußmatten und ähnlichen einfachen Produkten hat Matteco nichts am Hut. Sie seien auch nicht die typischen Gründer, sagen Fuhrer und Krieg lachend mit Bezug auf ihr Alter. Zwar schützt Alter vor Scheitern nicht und bei Startups ist dies an der Tagesordnung. Ein Schwerpunkt sind Produkte für die Bauindustrie, für die schon jetzt eine große Nachfrage besteht. Denn nach der Wärmedämmung gilt nun der Bauakustik im Wohnungsbau ein besonderes Augenmerk. Die hochwertigen Produkte mit den Namen ‚ecostep‘ und ‚ecowal‘ führen zur Schalldämpfung durch Entkopplung.

Produkte, die in Betonfertigteilen im Hochbau oder anderswo als Elastomer-Lager ihren Dienst tun, müssen dafür eine gewisse Lebensdauer erbringen. Dazu braucht es eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung. „Die bekommt man nicht von jetzt auf gleich“, sagt Krieg. „Das ist ein langwieriger und auch teurer Prozess.“ Erst nach 15 Monaten erhielten sie den Zulassung für ihr Matteco Elastomerlager, ELR. Ihr Herstellungsverfahren wollen die Matteco Gründerväter sukzessive weiterentwickeln, Produkte auch für höhere Lastbereiche herstellen. Gleichzeitig werden sie ihre Produktprotfolio erweitern.

Immer einen Schritt voraus

Die ersten zwei Jahre haben sie damit zugebracht, das Verfahren zum Reifen-Recycling weiterzuentwickeln und vor allem die Rezepturen, die notwendig sind, damit ihre Produkte die geforderten Eigenschaften erfüllen.

Wie das Verfahren genau funktioniert, bleibt das Geheimnis der Gründer. Schließlich liegt genau hier ihr Wettbewerbsvorteil. Von teurem Patentschutz nehmen sie bislang Abstand. „Wir müssen einfach immer einen Schritt voraus sein. Wenn wir bei einer Entwicklung feststellen, dass wir dafür unbedingt einen Patentschutz brauchen, werden wir diesen Schritt gehen.“

Scheitern ist bei Matteco unwahrscheinlich. Nicht umsonst haben die Gründer in kurzer Zeit so viele Auszeichnungen unterschiedlichster Provenienz erhalten. Und wie läuft das Geschäft? „Wir stehen unmittelbar vor der Gewinnschwelle“, lautet die vorsichtige Antwort.

Die Matteco GmbH

Noch während ihrer Anstellung gründeten Krieg und Fuhrer die Matteco GmbH. Altreifengummi ist seither die Welt der ehemaligen Studienkollegen, die sich als Ingenieure auf den Bau von Industrieanlagen spezialisiert hatten. Im Zuge ihrer Arbeit stieß Frank Fuhrer auf die Marktlücke des Up-Cycling im Bereich Altgummi. Die Gründer sind seit jeher Anhänger einer verantwortungsvollen, ökologisch nachhaltigen Lebensweise.

Mit ihrem Start-up Matteco haben sie bei Wettbewerben gerade in den Bereichen Ressourceneffizienz, Umwelttechnik und Kreislaufwirtschaft schon viele Preise erhalten. Besonders erfreulich für die beiden Gründer war die finanzielle Zuwendung des Bundesumweltministeriums im Rahmen des Umweltinnovationsprogramms. „Wir bekamen einen Teil unserer Anlage bezuschusst“, freut sich Krieg. Allein die Anlage, die in ihrer Art ein Prototyp ist, kostet mehrere hunderttausend Euro.

Als deutscher Champion errang Matteco im Januar bei der Clean Tech Open Idea Challenge in Los Angeles und San Francisco, dem weltweit größten Wettbewerb für Ideen aus dem Bereich Umwelttechnik, in der Kategorie „Seed Track“ den zweiten Platz für sein innovatives Konzept.