Die Startup Garage Hohenheim, ein Lehrformat, das Studierenden das Gründen zum Anfassen vermitteln soll, hat die Semesterergebnisse präsentiert. Von der Online-Plattform für Friseure bis zur einfacheren Möbelmontage war alles dabei.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Nach einem ersten Testlauf mit einem Dutzend Studenten im vergangenen Jahr hat das Lehrformat der Universität in Stuttgart-Hohenheim nun bereits doppelt so viel Teilnehmer motiviert, nach allen Regeln der modernen Startup-Kunst sich an ein ganz konkretes Projekt zu wagen. Angesprochen fühlten sich insgesamt 24 Studierende, von denen 18 aus verschiedenen, ökonomischen Fachgebieten kamen. Aber auch vier Studierende des Faches Kommunikationsmanagement und ein Agrarwissenschaftler waren dabei.

 

„Wir wollen damit eine Lücke in den Universitäten Angeboten schließen“, sagte der Initiator Martin Allmendinger, der aus Hohenheim heraus bereits eigene Gründungserfahrung gesammelt hat, aber sich danach mit einer Innovations- und Technologieberatung neu erfand. Eine typische Erfahrung, die belegt, dass Gründen selten geradlinig verläuft.

Bisher werde das Thema an den Hochschulen eher theoretisch abgehandelt, doch wirkliche Lernerfahrungen sammle man erst bei einem eigenen Gründungsversuch, sagt er. Dafür braucht es keine Labore und gut ausgestattete Räume. „Das kann auch mal dreckig und suboptimal sein“, sagt Allmendinger: „Das Wichtigste ist es, Studierende einfach mal machen zu lassen, damit sie ihre Komfortzone verlassen“.

Noten, Punkte oder sonstige Studienvorteile gibt es nicht – die Erfahrung ist die eigentliche Lektion. Die Startup Garage richtet sich bewusst an Leute, die noch nicht wissen, ob Selbstständigkeit eine Option für sie ist. Doch aus dem einen oder anderen Projekt soll auch einmal eine tatsächliche Gründung entstehen. Die Uni-Startups sollen auch gut neben dem Studium betrieben werden können.

„Viele haben aber schlicht keine Vorstellung, was das real bedeutet, da es zu wenige praktische Berührungspunkte im Studium gibt“, sagt Allmendinger. Selbst wer nicht wirklich gründen wolle, könne aber vom Umgang mit den entsprechenden Werkzeugen profitieren. Zeitdruck und Improvisation sollen das Arbeiten prägen – weitab vom an den Hochschulen sonst gepflegten Ergebnis-Perfektionismus. Dazu gehören der gegenseitige Austausch und die Bereitschaft zum Teilen oder der gelassene Umgang mit Dingen, die auch einmal schief gehen dürfen. Und ganz am Ende nennt Allmendiger das Allerwichtigste: „Have fun!“

In der Startup Garage Hohenheim können sich Studierende ihren Ideen widmen

Am Dienstag präsentierten zehn Teilnehmergruppen ihre während des Semesters entwickelten Ideen. Mit Ausnahme von Videos waren für die fünfminütige Vorstellungsrunde alle Hilfsmittel erlaubt. Danach mussten sich die Startup-Studenten noch einmal fünf Minuten einigen Fragen stellen.

Das Spektrum der Ideen war sehr breit. Das Team Quiff beispielsweise will für mehr Transparenz und faire Preise in der Friseurbranche sorgen. Es hat eine Plattform entwickelt, die Friseure direkt mit den Kunden verbindet. Minimal Furniture Design, ein Team aus drei Studentinnen, möchte mit einem einfachen Stecksystem den Auf- und Abbau von Möbeln deutlich einfacher machen als bisher.

Cupcycling stellt sich dem ökologischen Problem des zu hohen Verbrauchs von Papier-Kaffeebechern. Das Team hat das Potenzial eines Pfandsystems untersucht, das an der Uni Hohenheim als Pilotprojekt getestet wird. Bianangle verfolgt das Konzept eines altdeutschen Aktivitäts- und Gesellschaftsspiels und Foodl hat gleich die Ambition, das Uber des gemeinsamen Kochens zu erfinden – also eine Plattform auf der Menschen, die gerne kochen, sich mit Leuten verbinden, die gerne essen.

Die Gruppe Solar Chill widmete sich hingegen einem gravierenden Problem der afrikanischen Agrarwirtschaft, den häufig mangels Elektrizität fehlenden Kühlungsmöglichkeiten. Die Lösung: Solarbetriebene Kühlaggregate.

Einige Prototypen der Ideen standen nach den Präsentationen zum Live-Test bereit, bevor es dann in der Lounge des Universitätscafés Denkbar ans Vernetzen ging.

Ob aus den bunten Ideen je konkrete Geschäftsmodelle werden, ist nicht so wichtig. „Ziel ist es eine realistische Vorstellung von Unternehmertum zu vermitteln“, sagt Allmendigner. Entscheidend dabei sei, dass es um die innere Motivation der Teilnehmer gehe, nicht um Zwang von außen. Der Bildungsauftrag der Startup Garage sei nämlich ein anderer: „Jeder muss für sich die Chance bekommen, um herauszufinden, ob Gründen eines Tages eine Option für ihn sein könnte“.