Mitten im Grünen entwickelt Porsche im Entwicklungszentrum Weissach neue Modelle. Ein Schwerpunkt der Forschung ist die Elektromobilität. Ein Blick hinter die Kulissen.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - „Wir sind die Denkfabrik von Porsche“, sagt Georg Wahl. Mit diesem Hinweis spielt der Standortverantwortliche für das Entwicklungszentrum in Weissach auf einen Spruch des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Uwe Hück an: „Das Herz von Porsche schlägt in Zuffenhausen“, sagt Hück immer wieder gerne, wenn es um Investitionen am Firmensitz geht. Zwischen Wald und Wiesen windet sich eine kurvige Landstraße durch – auffällig für ein solches Sträßchen aber sind die vielen Sportwagen. Knapp 30 Kilometer westlich von Zuffenhausen liegt mitten im Grünen das Porsche-Entwicklungszentrum Weissach.

 

Rund 6500 Beschäftigte arbeiten inzwischen dort, wo bereits 1961 eine Teststrecke in Betrieb genommen wurde. Doch so richtig los ging es erst 1971. In diesem Jahr wurde eine für Weissach entscheidende Weiche gestellt: Die Fahrzeugentwicklung zog von Zuffenhausen in die Gemeinde mit 7500 Einwohnern. In Zuffenhausen gab es keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr, schon für die Teststrecke war kein Platz da. „Hier haben wir alles, was notwendig ist, um ein Fahrzeug zu entwickeln,“ sagt Wahl, der schon seit 36 Jahren für Porsche arbeitet. Auf der erweiterten Teststrecke werden die Fahrzeuge auf Herz und Nieren geprüft: Sie rauschen über Fahrbahnen mit unterschiedlichem Belag, müssen eine Steigung von 30 Prozent bewältigen und werden durch ein Wasserbecken gejagt. „Wir brauchen kurze Wege zwischen den Prüfeinrichtungen, der Teststrecke und den Ingenieuren“, erklärt Wahl.

Im Entwicklungszentrum Weissach geht es um Elektroantriebe

Zu den Entwicklungen, an denen getüftelt wird, gehören natürlich auch elektrische Antriebe – und dies nicht erst seit gestern. Karl Dums, der Leiter der Elektroantriebsstrategie und wie viele seiner Kollegen in Weissach Ingenieur, kam 2008 zu Porsche. „Damals ging das erste Hybridfahrzeug in Serie“, berichtet Dums. Noch sind Elektroautos teurer als solche mit Verbrennungsmotoren – auch weil die Kosten für die Batterie gewaltig zu Buche schlagen. Doch wichtiger, als die Batterien preiswerter zu machen, ist für Dums zunächst, deren Reichweite zu erhöhen.

„Etwa 500 Kilometer wären für Kunden akzeptabel“, findet Otmar Bitsche, der Leiter für den Bereich Elektromobilität. Und damit Autofahrer problemlos auch in den Urlaub reisen können, baut Porsche in dem Gemeinschaftsunternehmen Ionity zusammen mit Daimler, BMW und Ford ein europaweites Netz von Schnellladestationen auf: „Alle 100 bis 150 Kilometer soll ein Fahrer bis Anfang 2020 eine Ladestation finden“, sagt Bitsche. Und zudem sei der Betrieb eines Elektroautos günstiger als der eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor: „Strom ist billiger als Benzin.“

Der Hauch des Geheimnisvollen

Doch weil in Weissach Fahrzeuge für morgen entwickelt werden, umweht viele Arbeitsplätze der Hauch des Geheimnisvollen. „Wir arbeiten daran, wie die einzelnen Zellen am besten zu einer Batterie zusammengesetzt werden und wie diese beispielsweise gekühlt werden kann“, erklärt Bitsche. Bis 2025, so schätzt Dums, könnten die Hälfte aller Porsche reine Elektrofahrzeuge sein. Doch klar ist für ihn auch eines: „Wir werden noch lange Zeit alle Antriebsarten anbieten.“

Weniger im Mittelpunkt der Entwicklung in Weissach steht, was andere Autobauer als eines der wichtigsten Themen der automobilen Zukunft betrachten: das autonome Fahren. Natürlich ist der Sportwagenbauer auch hier mit von der Partei, aber Bitsche ist überzeugt, „wer einen Porsche hat, will auch selbst fahren“.

Zu den Räumlichkeiten, die für Besucher tabu sind, gehört das Akustiklabor, in dem Mitarbeiter für einen „unverwechselbaren Porsche-Klang“ sorgen. Eine der Herausforderungen: Das Fahrzeug soll möglichst leise durch die Gegend rauschen. Wer aber drin sitzt, soll die Kraft des Motors hören. Ebenfalls tabu sind der Windkanal, der für Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 km/h sorgt, und das Designstudio, in dem die Karosserien von morgen entworfen werden.

Man entwickelt auch für andere Unternehmen der Branche

„Eines unserer obersten Prinzipien ist die Geheimhaltung“, sagt Dirk Lappe, Geschäftsführer der Porsche Engineering Group. Dieses Tochterunternehmen mit 1300 Beschäftigten ist ebenfalls in Weissach angesiedelt und arbeitet auch weltweit für andere Unternehmen aus der Branche – könnte man nicht strikte Vertraulichkeit garantieren, gäbe es keine Aufträge.

Doch mit dem, was sie beim Fahrzeugbau gelernt haben, sahen die Mitarbeiter auch schon über den Tellerrand hinaus. „Wir konzentrieren uns auf die Entwicklung und das Testen von kompletten Fahrzeugen und deren Komponenten“, erklärt Lappe. Es werde aber auch immer wieder an Themen gearbeitet, die zumindest auf den ersten Blick nichts mit Autos zu tun haben. „Wir haben auch schon ein elektrisch angetriebenes Hochleistungswassersportgerät entwickelt,“ berichtet der Chef von Porsche Engineering.

Neue Modelle geben immer wieder einen Schub

Einen Schub gab es für die Entwicklung im Entwicklungszentrum Weissach immer, wenn ein neues Modell eingeführt wurde – dann wurde auch die Zahl der Mitarbeiter kräftig erhöht. Das war so, als Ende der neunziger Jahre beschlossen wurde, den Cayenne zu bauen. Einen Schub gab es, als der Panamera und der Macan entwickelt wurden.

„Einen großen Schritt gab es auch, als entschieden wurde, den rein elektrisch angetriebenen Taycan zu bauen.“ Immer, bevor diese Fahrzeuge in Serie gingen, waren zunächst einmal die Wissenden aus Weissach gefragt. In den nächsten Jahren soll dort ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag investiert werden, zum Beispiel für ein Klimazentrum, ein Fahrzeugprüfgebäude und ein neues Zentrum für Fahrzeugsicherheitsversuche sowie Crashtests. Noch ist Platz genug für all diese Pläne – doch erweitern lässt sich das Gelände kaum mehr. Dann wird man sich wohl in der Gegend rund um Weissach umsehen. In Hemmingen, Rutesheim und Mönsheim hat Porsche schon Außenstandorte. „Und damit sind wir für die Zukunft gut aufgestellt“, meint Wahl.