Was hat mechanische Uhrmacherkunst mit Innovation zu tun? Der Luxusuhrenhersteller Buben&Zörweg aus Pforzheim zeigt, wie sich Tradition mit modernen Ideen verknüpfen lässt.

Pforzheim - Im Flur der ehemaligen Schule stapeln sich die Überseekisten. Adressiert sind sie an Destinationen in aller Herren Länder, von Argentinien, Russland, über Japan, China, bis nach Chile oder Peru. Die Edelmanufaktur Buben&Zörweg selbst zieht in zwei Jahren um, vom ehemaligen Schulgebäude in Ölbronn-Dürrn direkt nach Pforzheim und damit direkt an den Puls deutscher Uhrenindustrie und mittelständischen Handwerks. Das österreichisch-deutsche Unternehmen hat seit acht Jahren Hauptsitz und Produktion in der Schule in Ölbronn.

 

Die Wahl auf Pforzheim fiel bewusst, gibt es hier doch viele kleine Betriebe mit Fachexpertise für Leder, Lacke, Hölzer und solche, die Alu-Materialien haargenau mit Fräsmaschinen bearbeiten können. Intern gilt die Devise: „Bei Buben&Zörweg ist jede Schraube ein haptischer und optischer Genuss.“ Eine weitere Devise des Hauses ist der Dreiklang von Multifunktionalität, Kreativität und Individualität der Einzelstücke.

Buben&Zörweg gibt es seit zweieinhalb Jahrzehnten

Der eigene, puristisch funktionale Neubau im Norden Pforzheims soll bald stehen und im Jahr 2021, kurz nach dem 25-jährigen Bestehen von Buben&Zörweg, bezogen und zum standesgemäßen neuen Hauptsitz werden. Tatsächlich hat Ernst & Young die Firma 2016 und 2018 unter die 30 besten deutschen weltweit tätigen Luxusmarkenhersteller gewählt.

Die Spezialität des auf rund 60 Mitarbeiter weltweit angewachsenen Premiumherstellers ist die Kombination von mechanischer Uhrmacherkunst mit Funktionen im Bereich Präsentieren und Aufbewahren. Dabei liegt der Schwerpunkt in den Bereichen Safes, multifunktionale Zeitobjekte, Uhrenbeweger sowie maßgeschneiderte Präsentationsobjekte und -räume.

In den multifunktionalen Zeitobjekten sind als fester Bestandteil die eigenen Uhren integriert und spektakulär inszeniert – wahlweise neben integriertem Safe, Sound System und flexiblem Innenleben für die Bar. Teilweise sind bis zu 70 Uhrenbeweger und beliebig vielen Fächern für Schmuck oder Erbstücke oder Bargeld eingebaut – ganz passend angesichts des anhaltenden Zinstiefs.

Maximale Genauigkeit ist oberstes Prinzip

Einige Uhren mit dem Gütesiegel Buben&Zörweg, seien es Einzelstücke oder Teil eines Safes, sind Tourbillons. Dies ist eine Vorrichtung, bei der das Schwing- und Hemmungssystem einer mechanischen Uhr sich um seine Achse dreht, um die Genauigkeit zu erhöhen. Das Tourbillon wurde erfunden vom berühmten Uhrmacher Abraham Louis Breguet und gilt als Spitze der Uhrmacherkunst.

Bei Standuhren sind Tourbillons sinnvoll, bei Armbanduhren eher prestigeträchtige Spielerei. Eine normale Armbanduhr wie zum Beispiel die Monduhr von Omega hat 48 Stunden Gangreserve. Anders ist es bei Stand- und generell Großuhren – auf die konzentriert sich Buben&Zörweg neben den Safes und Uhrenbewegern. Schon früher gab es bei Standuhren Gangreserven. Diese Uhren waren Wochenläufer, hatten also ein Acht-Tage-Werk, deren Uhrwerk jeden Sonntag aufgezogen wurde. Das Problem war die Ganggenauigkeit. Die Formel: je besser die Feder gespannt war, desto gleichmäßiger der Gang. Wenn die Uhr abläuft, wird sie daher ungenau. Das kompensiert man heute mit mehreren Federhäusern.

Ganz neu entwickeltes Uhrwerk

Standuhren hoher Qualität und auch moderne Regulatoren, die man an die Wand hängt, sind eine Wissenschaft für sich – mit speziellen Pendeln, teilweise mit Flüssigkeiten gefüllt. Flaschenzugkonstruktionen macht beispielsweise Erwin Sattler in München, mit denen auch Buben&Zörweg für einzelne Projekte zusammenarbeitet. Die Uhrwerke durchlaufen im eigenen Uhrenatelier dann 500 Stunden (!) Kontrolle. Buben&Zörweg nennt es Excellence Control und Uhrmachermeister Florian Hähnel, zuvor zehn Jahre in Diensten bei Chopard, betont: „Die Abweichungen der Ganggenauigkeit werden bei uns penibel aufgezeichnet.“

Als relativ kleine Manufaktur ein wirklich eigenes Uhrwerk entwickelt zu haben, sei ein „Meilenstein für Buben&Zörweg“, betont Geschäftsführer Florian vom Bruch und ergänzt: „Dazu kommen Feinheiten wie der besondere Sonnenschliff auf den Zifferblättern. Man sieht die Struktur, je nachdem, wie man aufs Ziffernblatt schaut.“ Für den Sonnenschliff gebe es weltweit nur noch drei Betriebe, eben weil es ein sehr aufwendiges Verfahren ist. Hähnel zeigt auf eine Uhr im Atelier: „Diese Uhr hat eine Goldflusseinlage. Es ist ein Stein mit Goldpartikeln, den wir hier eingesetzt haben.“

Buben&Zörweg lotet Grenzen des technisch Machbaren aus

Den Zörweg-Brüdern war es wichtig, ein eigenes Uhrenatelier aufzubauen, gerade weil viele ihrer Produkte mechanische Uhrmacherkunst beinhalten, erzählt vom Bruch. Das geschah vor acht Jahren. „Es ist eines unserer Hauptdifferenzierungskriterien gegenüber anderen Safe- und Zeitobjektherstellern.“ Generell gehe es dem Unternehmen darum, „die Grenzen des technisch und handwerklich Machbaren auszuloten.“

Und das Erscheinungsbild? „Unsere Kunden haben eine Verbindung zu Autos, Jachten und Fliegerei. Dies versuchen wir in puncto Optik und Materialien widerzuspiegeln“, sagt der Geschäftsführer. Angesprochen auf ein Exponat im Atelier, das nach der Designsprache der Automobilmarke Mercedes-Maybach aussieht, lenken die beiden Herren ab und lächeln. Denn auch das gehört zu ihrem Metier: höchste Diskretion. Es sei denn, Hollywood-Stars, Kapitäne in Wirtschaft, Politik und Sport oder andere vermögende Personen geben sich selbst als Besitzer von Produkten des Hauses zu erkennen.