Rolf Heiler hat 1987 sein erstes Unternehmen gegründet, eine Softwarefirma. Jetzt ist er geschäftsführender Gesellschafter einer Filmproduktionsgesellschaft in Stuttgart. Das kleine Team profitiert heute von den vielfältigen Erfahrungen des Chefs.

Stuttgart - Die Dame am Telefon wirkt irritiert, als der Kunde einen Service-Termin für seinen Porsche P 111 Diesel buchen will. Akten werden gewälzt, Staubschichten weggestrichen. Und dann biegt er um die Ecke, der P 111 – ein knallroter Porsche-Schlepper aus den 1950er Jahren, der rasante 16,5 Kilometer je Stunde schnell ist. Jeder dürfte schmunzeln über diesen Werbefilm, der knapp zwei Minuten dauert. Rund neun Millionen Menschen haben ihn bereits gesehen. Rolf Heiler lieferte die Idee zum Film, er führte auch Regie, ist im Abspann nachzulesen. Er hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Zuvor hat er sich mehr als 25 Jahre lang mit Software und Internet beschäftigt – natürlich in seinem eigenen Unternehmen, das auch seinen Namen trug.

 

Rolf Heiler ist kein typischer Startup-Gründer

Jetzt ist Heiler geschäftsführender Gesellschafter der Filmproduktionsfirma Cinecore in Stuttgart, einem Start-up. Das Unternehmen, das vier Mitarbeiter beschäftigt, wurde 2013 gegründet. Heiler und sein Partner Steffen Kienzle halten jeweils 50 Prozent der Anteile. „Wir wollen den Werbefilm in der Industrie neu definieren“, erläutert er die Idee hinter dem Jungunternehmen. Es will qualitativ hochwertige und dennoch emotionale Geschichten im Film erzählen. Denn nur so könne man sich abheben in einer Zeit, in der quasi jeder Videos drehen und ins Netz stellen kann. Neben Porsche hat Cinecore auch schon für das hiesige Wirtschaftsministerium, die IHK Stuttgart oder die Drogeriemarktkette dm Werbefilme gedreht.

Schon allein wegen seines Alters ist Heiler, Jahrgang 1959, nicht der typische Startup-Unternehmer. Er ist auch mit Abstand der Älteste in dem kleinen Team. „Wir ergänzen uns gut“, sagt er. Er weiß, wie die Wirtschaft tickt, und versteht die Geschäftsmodelle von Unternehmen. Die Jungen hingegen bringen ihr künstlerisches Talent ein. „Die kommen auf Ideen, auf die ich gar nicht kommen würde“, sagt er selbstkritisch. Bei den Kunden kommt das Team anscheinend gut an. Imagefilme seien immer direkt in der Geschäftsleitung angesiedelt, so Heiler. Am Verhandlungstisch treffen sich dann zwei Generationen: Heiler und ein Vorstandsmitglied des Kunden sind etwa gleich alt, ganz jung sind der Regisseur auf der einen und der Marketingleiter auf der anderen Seite. Man spreche auf Augenhöhe, so Heiler. Er spricht von Akzeptanz und Sympathie.

Als Unternehmer Höhen und Tiefen kennengelernt

Rolf Heiler ist ein erfahrener Unternehmer mit einer wechselvollen Geschichte. Er hat Höhen und Tiefen kennengelernt. 1987 hat er sein erstes Unternehmen gegründet. Zunächst war es ein Beratungsunternehmen, später konzentrierte er sich auf Standardsoftware für die unternehmensweite Beschaffung und den Einkauf für Banken, Versicherungen sowie große Industrieunternehmen. Der Boom des Internets Ende des vergangenen Jahrtausends hatte auch den gelernten Versicherungskaufmann elektrisiert. Euphorie herrschte allerorten. Geld war damals genügend da; am Neuen Markt ging es nicht um Gewinne, Ideen waren das Maß aller Dinge. Heiler errichtete virtuelle Marktplätze im Netz. Doch als die Internetblase kurze Zeit später platzte, waren viele dieser fantasiegetriebenen Unternehmer pleite, viele Anleger hatten ihr Erspartes verloren.

Heiler hatte zwar überlebt, stand aber plötzlich ohne Geschäftsmodell und ohne Kunden da. Er wagte den Neuanfang mit einem elektronischen Produktdatenmanagement – damit ist er einer der ganz wenigen, der die tiefe Krise des Neuen Marktes unternehmerisch überlebt hat. 2012 hat er sein Unternehmen dann an den US-Konkurrenten Informatica verkauft. Es war zu einer Zeit, wo „die Geschäfte so gut liefen wie selten zuvor“, sagt er rückblickend. Das Unternehmen setzte damals mit 140 Mitarbeitern 17,4 Millionen Euro um. Eigentlich wollte er noch zehn Jahre weitermachen. Doch das Angebot von Informatica sei zu verlockend gewesen.

Vieles ausprobiert – und vieles falsch gemacht

„Meine Karriere ist gepflastert mit Misserfolgen“, erinnert sich Heiler selbstkritisch an die vergangenen 30 Jahre. Er habe vieles ausprobiert und vieles falsch gemacht; er habe Personalentscheidungen gefällt, die sich später als unnötig herausgestellt haben; er habe am Anfang viel Eigensinn und wenig Teamgeist an den Tag gelegt. Es sind Erfahrungen, die er nun seinen jungen Kollegen bei Cinecore weitergeben kann.

Nicht verzetteln, heißt eine seiner Empfehlungen. Das bedeutet: „Wir machen ein Projekt nach dem anderen.“ Entscheidend sei, dass die Qualität hoch bleibe. „Als ich noch ein junger Unternehmer war, habe ich oft zu viel gemacht“, erinnert er sich. Als junger Mensch merke man nicht, dass die persönliche Energie endlich ist, so Heiler. Er habe auch nicht hinterfragt, ob sein Handeln effizient und zielführend gewesen war oder nur den Quartalsbericht aufgehübscht habe. Heute weiß er: „Das macht man nicht.“ Es lenke nur ab, verzögere die Entwicklung und verschaffe dem Wettbewerber, der konsequenter handelt, einen Vorteil. Das Cinecore-Team scheint den Rat zu beherzigen: „Wir arbeiten sehr fokussiert.“ Und: „Ich fange gar nicht erst so viele Dinge an.“ Vor allem lässt er die Finger von Dingen, die nicht zur Kernkompetenz gehören.

Kein fremdes Geld in der Firma

Kapitalbeschaffung ist für die kleine Filmproduktionsgesellschaft kein Thema. „Wir haben kein fremdes Geld in der Firma“, sagt Rolf Heiler. Er hat die Anschubfinanzierung geleistet und die erste Zeit zudem auf ein Gehalt verzichtet, obwohl Cinecore von Beginn an profitabel gearbeitet habe. Doch dies sei kein typisches Modell für andere, vor allem, wenn der Gründer auch noch von seinem Geschäft leben muss. Jungen Menschen, die sich selbstständig machen, empfiehlt er denn auch, einen Businessplan zu erstellen, der eine „kristallklare Recherche“ der Wettbewerbssituation beinhaltet. Das nötige Startkapital komme dann nicht von den Banken – „Risikokapital ist nicht deren Geschäftsmodell“ –, sondern beispielsweise von Venture-Capital-Gesellschaften.

Und die finanzielle Basis sollte nicht zu knapp bemessen sein. „Man braucht Kapitalgeber, die einen so gut ausstatten, das man auch ein paar Fehler machen kann.“ Die Amerikaner hätten dies früh begriffen, in Deutschland sei man dagegen „zunächst mit angezogener Handbremse“ unterwegs gewesen. Doch „sie müssen investieren, sie dürfen keine schwachen Mitarbeiter nehmen, nur weil diese günstig sind“, rät er. Natürlich müsse das Produkt gut sein, aber der „Vertrieb muss top sein“. Aber gute Verkäufer allein reichten nicht; diese müssten zudem in der Lage sein, eine gute Vertriebsorganisation aufzubauen. Und nicht zuletzt müsse auch ein Gründer Verantwortung delegieren können. „Viele leiden unter dem Kontrollverlust. Das ist ein K.-o.-Kritierium für Geldgeber. Als Einzelner kann man nicht gewinnen.“ Und zu alldem brauche es Beharrlichkeit – Rückschläge und Krisen seien nämlich unvermeidlich.